🎙 Episode #57 mit Klemens Heinzle - Mitglied des Vorstands der Raiffeisenbank Montfort.
Die Welt verändert sich durch kumulative Krisen in rasender Geschwindigkeit. Mit diesem Wandel mitzuhalten, ist für viele Menschen und insbesondere für Unternehmen und Führungskräfte sehr herausfordernd. Mein Interview-Gast Klemens Heinzle von der Raiffeisenbank Montfort ist Profi, wenn es um die Optimierung des Vertriebs in seinem Hause geht und gibt Einblicke darüber.
Wie sieht die Mitarbeiterführung von morgen aus?
Das Thema Führung wandelt sich gerade sehr stark. Hierarchische Führung wird mehr und mehr zu Leadership. Der Umgang auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern gelangt in den Vordergrund.
Dabei geht es darum, den Mitarbeitern Eigenverantwortung zu übertragen, sodass sie in ihrem Arbeitsumfeld selbst Entscheidungen treffen. Eine Fehlerkultur ist ein ebenso wichtiges Thema – Fehler müssen zugelassen statt bestraft werden, um eine positive Entwicklung im Unternehmen zu kultivieren. Die Möglichkeit, aus Fehlern zu lernen und sich gemeinsam weiterzuentwickeln, birgt viel Potenzial.
Zudem können die Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter so gelegt werden, dass es jenen leicht fällt, sich selbst zu motivieren. Dazu gehört, den Mitarbeitern Vertrauen zu schenken, ihren Ideen Raum zu geben und die Weiterentwicklung von Wissen zu fördern. Leadership bedeutet, zu unterstützen und zu begleiten.
Woraus besteht eine Fehlerkultur?
Der erste Schritt einer Fehlerkultur besteht darin, die Mitarbeiter nicht für Fehler zu bestrafen, sondern ein offenes Ohr zu haben. Sie sollen keine Angst vor einer Strafe haben und Misslingen zugeben können. Im zweiten Schritt geht es um das Erarbeiten von Lösungen. Dabei können Fragen helfen wie:
● Weshalb ist der Fehler passiert (Fehler im Prozess, Versehen, Wissenslücke)?
● Was lernen wir daraus?
● Was kann man zukünftig besser machen?
● Was ist gut gelaufen und was ist nicht gut gelaufen?
● Wie gehen wir zukünftig mit dem Thema um?
So kann man sicherstellen, dass sich Fehler nicht wiederholen. Im Idealfall dokumentiert man den Schritt Nummer zwei schriftlich, um konform für Compliance zu sein, eine Dokumentation für die Kunden zu haben und das Thema stets weiterentwickeln zu können.
Welche Relevanz haben die Filialsysteme im Bankensektor für den Vertrieb noch?
Auf der einen Seite gehen die vom Schalter getriebenen Transaktionen zurück. Alles, was Bargeld und Belegwesen wie Girokonto oder Überweisungen betrifft, funktioniert primär elektronisch oder über den Bankomaten. Aus Klemens Sicht gibt es zwei große Kanäle, die zum Kunden führen:
digitale Dienstleistung
persönliche Betreuung.
Auch, wenn der persönliche Kontakt zurückgeht, wird er für das Wesentliche immer wichtiger. Die Distanz zu Kunden wird nicht in Kilometern, sondern in persönlicher Nähe gemessen. Auf der einen Seite ist es wichtig, mit den Kunden digital in Kontakt zu sein (bis hin zur Videoberatung), aber man muss persönlich angreifbar bleiben. Wilfried Hopfner, der ehemalige Vorsitzende der Landesbank, pflegte zu sagen: „Wir brauchen Berater zum Angreifen und zum Anklicken”.
Es ist wichtig, sowohl den digitalen als auch den persönlichen Aspekt für den Kunden einzubinden, der den betriebswirtschaftlichen Kriterien gerecht werden muss. Der Anspruch sollte sein, dass sich die Kunden im Hause stets wohlfühlen, ihre Anliegen ernst genommen werden und sie eine Lösung für ihre Themen bekommen. Kurzum: Die Kunden sollen eine wertvolle Zeit verbringen, wenn sie zu einem Termin vor Ort kommen.
Hat die Digitalisierung Einfluss auf die Führungskultur?
Die Krisen der letzten beiden Jahre haben bereits die Veränderungen angekündigt. Vermehrtes Home-Office erfordert Vertrauen den Mitarbeitern gegenüber und hat Prozesse beschleunigt. Die Digitalisierung eröffnet Möglichkeiten und persönliche Gespräche können auch über Distanz geführt werden. So verabredet sich Klemens mit einer Führungskraft immer mittwochs zum Teams Meeting, um aktuelle Themen bis hin zum Persönlichen zu besprechen. Das ist – abgesehen vom Kontakt in der Geschäftsstelle – eine hybride Möglichkeit, um im Austausch zu bleiben.
Digitalisierung im Vertrieb – bedarf es einer extra Schulung?
Einigen Mitarbeitern im Vertrieb der Bankengruppe fiel der Umstieg auf die reine Online-Welt schwer. Klemens hat Mitarbeiter, die ihn nach wie vor per Telefon statt Teams anrufen. In Online-Meetings haben manche Mitarbeiter keine Kamera an. Klemens Tipp für den Vertrieb per digitalen Meeting-Plattformen lautet, stets die Kamera einzuschalten. Das verschafft bereits einen enormen Vorteil.
Die Digitalisierung hat sich in Klemens Unternehmen nach und nach eingeschlichen, ohne eine spezielle Schulung. Mittlerweile funktioniert es gut und digitale Prozesse werden weiterhin optimiert und vorangetrieben. Gerade in Vertriebsaktivitäten und im Recruiting bietet die Digitalisierung enorme Zeitvorteile. Eine Vorauswahl kann bereits virtuell vorgenommen werden, sodass nur noch Bewerber persönlich eingeladen werden, die wirklich sehr gut in das Jobprofil passen.
Stellschrauben im Vertrieb im Privatkundengeschäft: Wo geht die Reise hin?
Vor zwei Jahren fand eine Fusion mit zwei weiteren Bankhäusern statt. Prozesse mussten optimiert und ins Rollen gebracht werden. Für das kommende Jahr soll die Organisation aus ursprünglich drei Häusern zusammengebracht werden.
Besonders soll das im Sinne der Kunden geschehen und auf jene ausgerichtet werden. Im Privatkundengeschäft soll der Fokus auf den Kundenbeziehungen, dem Mehrwert für den Kunden und den Kernkompetenzen liegen. Dabei möchte sich Klemens’ Haus deutlich von reinen Online-Banken unterscheiden.
Dabei ist klar, dass die Prozesse nicht so digital wie bei Online-Banken abgebildet werden. Der Vorteil von Klemens’ Bankengruppe ist der persönliche Kontakt und die Ansprechbarkeit vor Ort. Der Leitsatz „digital nehmen wir persönlich” ist dabei von entscheidender Bedeutung. Die Raiffeisenbank Montfort ist persönlich für die Kunden da – mit digitalen Möglichkeiten.
Fazit
Die Kunden sind digital unterwegs, aber sie schätzen ebenfalls die Beratung vor Ort. Die Kundenzentrierung findet auf zwei Bühnen statt: der digitalen und der persönlichen. Kunden müssen auswählen können, wie sie mit der Bank kommunizieren möchten. Sie müssen den Kanal wählen können, der für sie gerade passend ist. Eine Kombination beider Wege ist dabei selbstverständlich essenziell und schenkt den Kunden Zeit, wobei Lösungen den Kunden stets schnell parat stehen sollten.
Link zur Webseite der Raiffeisenbank Montfort
https://www.raiffeisen.at/vorarlberg/raiba-montfort/de/privatkunden.html
Link zum LinkedIn Profil von Klemens Heinzle
https://www.linkedin.com/in/klemensheinzle
© Bild: Jehle/Heinzle/ Raiffeisenbank Montfort
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