🎙 Episode #56 mit Winfried Küppers - leitender Vertriebsanalyst, Buchautor und Keynote Speaker von Steinbeis.
„Vertrieb kann alles vertreiben, vor allem Kundinnen und Kunden!"
Dieses Zitat stammt von meinem äußerst inspirierenden und spannenden Interview-Gast, der in dieser Podcast-Episode auf dich wartet.
Eine der wichtigsten Säulen im Steinbeis-Institut, für ist das vertriebsanalytische Institut, das mein Interview-Gast Winfried Küppers leitet. Im Institut wird aus wissenschaftlicher Sicht hinterfragt, was genau der Vertrieb macht und was am besten funktioniert. Darunter wird der Erfolg im Vertrieb analysiert.
Ist vertrieblicher Erfolg reproduzierbar?
Es ist die Aufgabe von Vertrieb, seinen Erfolg zu reproduzieren. Ein guter Vertrieb sollte Erfolg gewährleisten und somit planbar machen. Ein auf Zufallstreffern basierter Vertrieb ist nicht planbar, was schnell problematisch werden kann.
Ein Beispiel:
Ein Konzern mit Milliardenumsatz pro Jahr hat eine Sparte eröffnet, mit der er sein Kerngeschäft verlassen wollte. Auf einer Messe kam ein anderes großes Unternehmen mit einer speziellen Anfrage auf die Mitarbeiter zu, woraus eine neue Firma entstand. Daraus wurde ein großes Geschäft – aber es war nicht reproduzierbar, sondern ein Zufallstreffer.
Keine vertriebliche Jahresplanung sollte implizieren, auf Zufallstreffer zu hoffen. Leider arbeiten viele Firmen auf diese Art und Weise. Vertrieb lässt sich jedoch wissenschaftlich messen und reproduzieren.
Wie ist Vertrieb messbar und reproduzierbar?
Der akademische Bereich von Steinbeis beschäftigt sich mit Verkaufspsychologie und mathematischen sowie wirtschaftlichen Fragen. Der Markt wird beobachtet und daraus werden Ableitungen gefolgert, basierend auf mehreren tausend Interviews pro Jahr, um eine wissenschaftliche Analyse tätigen zu können.
Im Vertriebslabor wird der Markt getestet mit LinkedIn- und Marketingkampagnen sowie Cold Calls, um herauszufinden, welche Ansprache am besten funktioniert. Dabei werden die eigenen Mitarbeiter typisiert. Ordnet man ihnen jeweils eine entsprechende, zu ihrer Persönlichkeit passende Argumentationstechnik zu, kann eine Erfolgsquote von bis zu 12 % kalkuliert werden. Mit einer anderen Argumentationskette wird der gleiche Mitarbeiter oder die gleiche Mitarbeiterin beispielsweise nur eine Quote von 7 % erreichen. Das ist besonders für große Firmen mit Call-Centern interessant. Mitarbeiter zu typisieren und sie einer Kommunikationsrichtlinie bzw. Trigger Line zuzuordnen, führt zu einer messbaren und vorhersagbaren Erfolgsquote.
Als Stiftung hat Steinbeis keine Gewinnerzielungsabsichten, sondern sie ist rein wissenschaftlich orientiert. Die Ergebnisse aus wissenschaftlichen Analysen werden den Kunden zur Verfügung gestellt, wobei nur die Kosten für die Termine mit Entscheidern getragen werden müssen und nicht die Kosten für die umfängliche Forschung dahinter.
Das Stiftungsziel ist zum Wohle der Wirtschaft, weshalb Steinbeis Firmen befähigen will. Einer der größten Hebel, um die Wirtschaft voranzubringen, ist es, den Vertrieb exzellent zu gestalten.
Welchen Stellenwert hat der Vertrieb im DACH-Raum?
„Vertrieb kann alles vertreiben, vor allem den Kunden“, heißt es.
In Mitteleuropa spielt der traditionelle Vertrieb eine große Rolle. Irgendwann wurden Vertrieb und Marketing getrennt. Im wissenschaftlichen Kontext ist dies jedoch nicht sinnvoll. Alles, was dazu führt, dass Kunden gewonnen und gehalten werden, ist im wissenschaftlichen Sinne Vertrieb: Marketing, Außendienst, Kaltakquise, Kaffeefahrten, LinkedIn-Kampagnen etc. Davon lebt fast jede Firma in Mitteleuropa.
Daher wird die Qualität des Vertriebs immer wichtiger. Ein weiterer Faktor für einen erfolgreichen Vertrieb sind die Kosten – ohne klares Vertriebskonzept wird zu viel Geld verbrannt.
Sind viele Vertriebsleute heutzutage noch nicht vollständig hybridfähig?
Einige Firmen sind immer noch nicht hybridfähig. Video-Calls beispielsweise haben den Vorteil, dass man an Entscheidungsträger herankommt: Die Bereitschaft, einen 30-minütigen Video-Call zu machen, ist viel höher als für ein persönliches Treffen vor Ort von ein bis zwei Stunden.
Für den Vertrieb bedeutet das, dass viel mehr Termine wahrgenommen werden können – im Idealfall kann mit Video-Calls alle 45 Minuten ein neuer Kunde angesprochen werden, was mit einem traditionellen Außendienst schlicht nicht realisierbar ist. Das neue Normal bietet also eine große Chance. Vertrieblich gesehen braucht ein*e gute*r Verkäufer*in für Video-Calls keine zusätzlichen Fähigkeiten.
Social Selling ersetzt nicht den Vertrieb.
Viele Firmen denken, dass sie im digitalen Zeitalter nur noch LinkedIn-Anfragen versenden oder auf Social Media präsent sein müssen und schon kommen die Kunden ins Haus. Das mag zwar bis zu einem gewissen Punkt stimmen, aber der Vertrieb wird damit nicht abgelöst. Im B2B-Bereich ist es eine schnelle und einfache Methode, Entscheidungsträger und Geschäftsleiter telefonisch und direkt zu kontaktieren. Der Grund, weshalb viele Firmen auf Social Selling setzen, ist, dass sie den direkten Vertrieb schlichtweg nicht können oder einen unfähigen Vertrieb haben.
Aus welchen Schritten besteht ein Vertriebsprozess?
Öffnen: Cold Calling, Werbung, in die Wahrnehmung des Kunden kommen
Vorstellen: Warm Calling (meist per Video-Call), Firma vorstellen
Treffen: Muster abgeben, genauere Abklärungen
Fachliche Tiefe: Gespräche zwischen Fachkräften wie Ingenieuren, Facility Managern
Abschluss: Preisverhandlungen etc.
Über den gesamten Prozess hinweg wird Vertriebskompetenz benötigt. Ein guter Vertriebsmitarbeiter*in ist an all den Punkten einsetzbar – bis auf Schritt 4, in dem eine fachliche Begleitung oder ein Spezialist/eine Spezialistin benötigt wird. Der technische Vertrieb ist oft nicht für die Struktur des Cold Calling gemacht. Menschen, die fachlich gern in die Tiefe einsteigen, verkraften Cold Calling weniger gut. Denn dafür wird eine ganz besondere Fähigkeit benötigt: Oberflächlichkeit. Wenn bei 50 Telefonaten ein bis zwei Termine zustande kommen, ist das eine gute Abschlussquote. Dennoch hat die Psyche 48 Absagen erlebt. Das ist für die meisten Menschen nicht angenehm. Oberflächlichkeit ist eine Kunst, die es beim Cold Calling zu beherrschen gilt.
Ein 30-Minuten-Call soll zudem zeitlich klug geplant und sauber orchestriert sein. Die Zeit, die Vertriebsleuten zur Verfügung steht, muss sitzen.
Es ist also ratsam, das Cold Calling outzusourcen und sich Kompetenzen dafür einzukaufen – allerdings auf einem sehr hohen Niveau. Ansonsten kann der Vertrieb wie erwähnt die Kund:innen vertreiben.
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https://www.steinbeis.de
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© Bild: Jehle/Küppers/Steinbeis
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